Bürgerdialoge
Digitalisierung: Bürger gestalten Verwaltung mit
Erwartungen an die Stadtverwaltung
Die 19 000 Einwohner Kleinstadt ist eine von zwei Städtepartnern der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), die das Projekt „Bürgerdialoge zur Digitalisierung kommunaler Aufgaben“ initiiert hat. Das Ziel: Mit sogenannten Fokusgruppen-Workshops herauszufinden, wie bisherige Erfahrungen mit digitalen Verwaltungsangeboten aussehen. Aber vor allen Dingen: Welche Anforderungen stellen die Bürgerinnen und Bürger an die digitale Stadtverwaltung von Wittenberge?
Diskutiert und Ideen gesammelt haben die Teilnehmenden bereits 2022 und 2023, jetzt veröffentlichte acatech die Ergebnisse, Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen – sodass auch andere Kommunen von den Fallbeispielen lernen können.
Digitale Verwaltung gemeinsam umsetzen
27 Wittenbergerinnen und Wittenberger folgten dem Aufruf, ließen sich auf das Format der Fokusgruppen ein und teilten ihre Ideen und Anregungen. Dabei zeigte sich: Bisher nutzen sie überwiegend die Informationsangebote der Facebook- und Webseite der Kommune. Anfragen an das Rathaus schicken sie per E-Mail und der Bürgerservice „Maerker“, ein digitaler Mängelmelder, ist den meisten bekannt. Aber auch Ängste werden angesprochen: Wenn alles nur noch digital läuft, wo bleibt der persönliche Kontakt? Gehen Arbeitsplätze verloren?

Die Wunschliste offenbarte eine benutzerfreundliche Gestaltung und eine leicht verständliche Sprache der digitalen Angebote. So manche Formulare seien selbst für Muttersprachler nur schwer zu verstehen. Die Teilnehmenden wünschten sich eine Stadt-App als Informationskanal. Das Bürgerbüro und Rathaus sollen weiterhin Anlaufstelle mit persönlichen Ansprechpartnern zu den digitalen Angeboten bleiben. Weitere Vorschläge waren: Online-Terminbuchungen und digitale Formulare für alle Verwaltungsleistungen.
Was steckt hinter dem Dialogformat Fokusgruppe?
Zu den bekannten Dialog- und Beteiligungsmöglichkeiten in Kommunen zählen etwa die Bürgerversammlung, der Runde Tisch oder Planungszellen. Das Dialog-Projekt setzte bewusst auf sogenannte Fokusgruppen. Doch was steckt dahinter?
- Fokusgruppen stammen aus der Markt- und Sozialforschung. Dabei handelt es sich um moderierte Gruppengespräche, die nicht öffentlich sind.
- Fokusgruppen sind kleine, homogene Diskussionsgruppen (zum Beispiel aus bestimmten Altersgruppen) – die ihre gemeinsame Sichtweise auf ein Problem miteinander erarbeiten. Sie bestehen aus sechs bis acht Personen.
- Typischerweise werden sechs bis zehn Gruppengespräche mit unterschiedlichen Gruppen durchgeführt.
- Aus mehreren Fokusgruppen entsteht am Ende ein multiperspektivisches Bild zum Thema.
- Die Teilnehmenden müssen keinen Konsens finden; am Ende wird per Mehrheit über die Priorität einzelner Punkte abgestimmt.
- Nachteil: Starke inhaltliche Steuerung des Dialogs durch die Moderatoren.
Was andere Kommunen von dem Bürgerdialogprojekt lernen können:
Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus den „Bürgerdialogen zur Digitalisierung kommunaler Aufgaben“ (acatech)
- Teilnehmende ansprechen: Bestimmen Sie die Zielgruppe im Voraus genau. Je weniger über die Zielgruppe bekannt ist, desto aufwendiger ist die Vorbereitung der Fokusgruppen.
- Zielgruppe kennen: Sie wissen nicht genau, was Ihre Zielgruppe ausmacht? Nutzen Sie Expertise von außen.
- Zum Mitmachen einladen: Sprechen Sie Ihre Zielgruppe dort an, wo sie sich üblicherweise informiert (soziale Medien, Tageszeitung, etc.).
- Bürgernähe fördern: Bürgerdialoge ermöglichen eine Verständigung in beide Richtungen; sowohl die Verwaltung als auch die Bevölkerung profitieren davon. Persönliche Bürgerdialoge schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre – das ist insbesondere bei Verwaltungen wichtig, die in der Regel nur für behördliche Anliegen kontaktiert werden.
- Transparent sein: Stärken Sie das Vertrauen in Bürgerdialoge, indem Sie die Vorschläge transparent dokumentieren und nach außen kommunizieren.
- Ergebnisse umsetzen: Nehmen Sie die Resultate eines Bürgerdialogs ernst und versuchen Sie deren Umsetzung möglich zu machen. Es ist hilfreich, zu priorisieren. Setzen Sie Schwerpunkte.
Verwaltung der Zukunft: Digital und persönlich
Die Stadt Wittenberge möchte die Ergebnisse dieser Dialoge für die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes (OZG) nutzen und die Anregungen für die digitalen Services und Verwaltungsleistungen berücksichtigen. Dabei, so betont die Digitalbeauftragte der Stadt Katja Evertz, sollen die digitalen Lösungen kein Ersatz, sondern eine Ergänzung für Menschen darstellen, die diese nutzen wollen. Das Bürgerbüro und das Rathaus werden weiterhin für alle offen bleiben – wie von den Fokusgruppen gewünscht.
Zu den Fallbeispielen der „Bürgerdialoge zur Digitalisierung kommunaler Aufgaben.“
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