Migration
Wo ehrenamtliche Paten unterstützt werden
„ZusammenWachsen“ – ein Erfolgsmodell
Ursprünglich entwickelt wurde die Idee zum heutigen Projekt „ZusammenWachsen“ von der Bürgerstiftung im oberbayerischen Markt Holzkirchen, die dort das Projekt "ChancenPatenschaften" initiiert hatte. Anlass war die Flüchtlingskrise 2015/16. „Die Ehrenamtlichen bei uns haben damals sehr viele Geflüchtete betreut und wir haben schnell gemerkt: Auch die Leute, die sich engagieren, brauchen eine gute Begleitung und Wertschätzung“, erzählt Sibylle König, die als Vorstand bei der Bürgerstiftung aktiv war. Die Stiftung hat diese Aufgabe übernommen und darüber hinaus sogenannte Tandems gebildet aus hilfsbedürftigen Flüchtlingen und Helfern. „Das hat so gut funktioniert, dass wir überlegt haben, diesen Ansatz großflächiger auf den ganzen Landkreis Miesbach auszuweiten“, so König. Organisator dafür sollte das vor zwei Jahren gegründete Netzwerk Ehrenamt im Landkreis werden, eine Vereinigung der verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen in den 16 Gemeinden.
Tandemprojekt auf Landkreisebene
Um das Projekt auf Kreisebene zu realisieren, hat sich das Netzwerk Ehrenamt 2023 unter Leitung von König um eine Projektförderung beim Programm "eins:eins_Patenschaftsprojekte“ bemüht – mit Erfolg. Vorerst bis Ende 2024 wird „ZusammenWachsen“ gefördert, wobei für jedes aktive Tandem einmalig ein Förderbetrag gezahlt wird – für Kindertandems 1000 Euro, für Erwachsenen-Tandems 600 Euro. „Wir hoffen natürlich auf eine Verstetigung des Projekts über den Förderzeitraum hinaus“, sagt König, schließlich solle das bewährte Hilfsangebot nachhaltig im Landkreis verankert werden.
Projekt für Menschen mit Unterstützungsbedarf
Ausgehend von der Flüchtlingskrise, standen in Holzkirchen zu Beginn hauptsächlich Menschen mit Flüchtlingshintergrund im Fokus. Bei „ZusammenWachsen“ wurde der Ansatz nun auf alle Menschen mit Unterstützungsbedarf ausgeweitet. „Das betrifft Geflüchtete, Kinder und Jugendliche ebenso wie Arbeitssuchende, Menschen mit psychischen oder physischen Einschränkungen oder Menschen mit Armutsrisiko“, sagt König. In jedem dieser Fälle geht es letztlich um eine eins-zu-eins-Betreuung durch die Ehrenamtlichen, ob sie beim Formulieren von Bewerbungsschreiben helfen, bei Arztbesuchen dolmetschen, Bücher vorlesen oder Nachhilfe geben.
Um Ehrenamtliche und Paten zusammenzubringen, findet beim Projekt „ZusammenWachsen“ ein gezieltes Matching statt. „Auf der einen Seite sind die Menschen mit Unterstützungsbedarf, die uns von verschiedenen Stellen vermittelt werden und ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben und Hilfen benötigen“, sagt König. Auf der anderen Seite sind da die Ehrenamtlichen, die zu Beginn einen Fragebogen ausfüllen und darin ihre Wünsche und Möglichkeiten angeben. Frau König und ihre Kollegen führen beide Seiten zusammen und versuchen, möglichst vielversprechende Tandems zu bilden.
Tandems werden begleitet
Nach einem erfolgreichen ersten Kennenlerntreffen folgt ein „Probemonat“, in dem sich die Tandempartner ein bis zweimal pro Woche in öffentlichen Räumen treffen. Sind beide Seiten zufrieden mit der Verbindung, unterzeichnen sie schließlich eine Patenschafts-Vereinbarung, in der schriftlich die gemeinsamen Wünsche und Ziele verankert werden. In Anschluss daran treffen sich die Tandems eigenständig, werden seitens des Netzwerks Ehrenamt aber weiter begleitet und unterstützt. So hält König regelmäßig Rücksprache, ob sich alles gut entwickelt und etwas benötigt wird, zudem gibt es monatliche Schulungsangebote oder werden kleine Ausflüge organisiert. „Die Ehrenamtlichen schätzen dieses Angebot sehr“, sagt König. So hätten die meisten ein großes Interesse daran, sich gegenseitig kennenzulernen und untereinander vernetzt zu sein.

Rekrutierung von Ehrenamtlichen
Um Ehrenamtliche für die verantwortungsvolle Aufgabe zu finden, arbeitet das Netzwerk intensiv mit verschiedenen kommunalen Institutionen zusammen, zudem mit Kirchen, Schulen und Vereinen. „Wir haben eine große Mobilisierungskampagne im ganzen Landkreis gestartet und unser Projekt im Integrationsbeirat und an Schulen, bei Sozialarbeitern und in den Gemeinden vorgestellt“, erzählt König. Die ersten Rückmeldungen waren zahlreich und das Interesse bei etlichen Miesbachern geweckt. Alle, die sich bei „ZusammenWachsen“ engagieren wollen, müssen im Vorfeld ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und an einer verpflichtenden zweistündigen Schulung in Kooperation mit der Caritas teilnehmen. „Darin wird die Frage der Versicherung ebenso thematisiert wie etwa der Kinderschutz“, sagt König. Mit die wichtigsten Punkte aber seien die Kunst der Abgrenzung und der Selbstschutz. „Achtet auf euch und verliert euch nicht – das sind die Kernbotschaften“ und es sei entscheidend zu vermitteln, dass sich die Ehrenamtlichen jederzeit Hilfe holen können, wenn sie an ihre Grenzen kommen.
Großer Gewinn für die Kommune
„Wir wollen die Leute im Ehrenamt auf keinen Fall alleine lassen und ihnen ein verlässliches Netzwerk bieten“, sagt König. So sei es für die Helfer ihrer Erfahrung nach sehr wichtig zu wissen, dass auch sie einen Ansprechpartner haben, an den sie sich wenden können. Die Patenschaft ist zweifelsohne ein anspruchsvolles Ehrenamt. „Man muss hier regelmäßig mit verschiedenen Rollen jonglieren, ist manchmal Lehrerin, Erzieherin oder sogar Mama-Ersatz“, so König, und hier ein gesundes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz zu wahren, sei nicht immer einfach. 13 Tandems sind im Landkreis Miesbach bereits aktiv, 30 interessierte Ehrenamtliche warten auf das Matching. Laut König ist dies erst der Anfang und ein Geschenk für die soziale Gemeinschaft in der Region. So sagt sie: „Für den Landkreis ist das Projekt „ZusammenWachsen“ ein großer Gewinn. Viele Menschen würden nie zusammenfinden und Hilfe erfahren, wenn es nicht die Schnittstelle des Netzwerks gäbe.“
Mehr Informationen zum Projekt "ZusammenWachsen" hier

