Integration
Flüchtlinge in der Feuerwehr - unsere Beispiele
Flüchtlinge bei der Feuerwehr - die Hemmnisse
Acht Jahre später sind die Ergebnisse nicht unbedingt überwältigend. „Einer von den 20 Teilnehmern von damals ist heute noch bei uns aktiv“, sagt Kumbartzky. Woran es lag, dass nicht aus mehr Flüchtlingen Feuerwehrkameraden wurden? „Am Anfang waren da die Sprachbarrieren, und auch unser Feuerwehrjargon, mit dem sich die Menschen schwertaten“, sagt Kumbartzky. Das freilich gilt auch für viele Einheimische: Nicht jeder deutsche Muttersprachler versteht auf Anhieb, dass „wasserführende Armaturen“ schlicht Verteiler und Kupplungen für Schläuche sind. „Dann kamen viele von ihnen aus sicheren Herkunftsländern und mussten Deutschland wieder verlassen, wurden auf andere Kommunen verteilt oder sind weggezogen.“ Von „Zeitverschwendung“ will der Feuerwehrchef aus der Stadt am Nord-Ostsee-Kanal dennoch nicht sprechen: „Wir hätten drei oder vier Leute heute fest bei uns, wenn sie in Brunsbüttel geblieben wären.“ Die Teilnehmer des Integrationskurses hätten jedenfalls generell großes Interesse und Spaß an der Sache gehabt.
Junge Iranerin jetzt Feuerwehrfrau in Jüterbog
Auch anderswo waren die Feuerwehren bei der Mitgliederwerbung erfolgreich: Im brandenburgischen Jüterbog etwa hat eine junge Iranerin ihre Ausbildung zur Feuerwehrfrau erfolgreich abgeschlossen. Im oberbayerischen Kirchseeon engagieren sich zwei Syrer in der Freiwilligen Feuerwehr. „Menschen mit Migrationshintergrund sind in vielen Feuerwehren ein ganz normaler Teil der Mannschaft“, sagt die Sprecherin des Deutschen Feuerwehrverbands, Silvia Oestreicher. Denn die Feuerwehr lebe von den Qualifikationen ihrer Mitglieder - und Menschen mit Migrationshintergrund brächten oft Erfahrungen mit, von denen die Feuerwehren profitieren könnten, zum Beispiel ihre Mehrsprachigkeit. „Wir haben als Deutscher Feuerwehrverband mit Unterstützung des Integrationsfonds von 2011 bis 2013 ein Projekt gemacht, in dem wir uns mit interkultureller Öffnung bei den Feuerwehren beschäftigt haben.“
Wer Migranten für den Dienst in der Feuerwehr werben will, muss sich bewusst sein, dass Feuerwehren in anderen Ländern eine andere Bedeutung haben. In Portugal etwa ist der Brandschutz militärisch organisiert. „Ich kenne einen Fall eines Portugiesen, der von seinen Verwandten gefragt wurde: Was willst Du bei der Feuerwehr - das ist doch das Militär“, sagt Oestreicher. Oder ein Junge aus der Türkei, der bei einer Übung der Jugendfeuerwehr komplett durchnässt wurde, und zum Wechseln der Kleidung von der Polizei nach Hause gebracht wurde. Die Eltern seien empört gewesen: Sie hätten in dem Moment gar nicht begriffen, dass die Polizei ihrem Kind nur helfen wollte. Sie dachten, ihr Sohn hätte irgendetwas ausgefressen. Was hingegen aus Sicht des Verbandes nicht das Ziel der Feuerwehren sein sollte, ist das bloße Auffüllen der eigenen Reihen mit ausländischen Mitgliedern. „Wir wollen nicht sagen: Wir kriegen keine Deutschen mehr, jetzt nehmen wir auch die Migranten“, sagt Oestreicher. „Das ist nicht das Bild, das wir von der Feuerwehr zeichnen wollen.

Wie aber kann man nun erfolgreich Zuwanderer in die Feuerwehr integrieren? Das Wichtigste sind die Sprachkenntnisse, sagt der Stadtwehrführer im brandenburgischen Wittstock, Steffen Müller. Vor einiger Zeit machte seine Feuerwehr Schlagzeilen damit, dass man versuchte, Flüchtlinge in die Wehr aufzunehmen. Aber: „Die Sprachbarrieren waren zu hoch.“ In Brunsbüttel hatte man deswegen einen pensionierten Deutschlehrer angeworben, der mit den Teilnehmern des Integrationskurses besonderen Sprachunterricht durchführte, bei dem auch das berühmte Feuerwehrfachchinesisch berücksichtigt wurde, sagt Lars Kumbartzky. „Der ist heute immer noch dabei und macht bei seinen Schülern Werbung für die Feuerwehr.“
Tipps des Deutschen Feuerwehrverbands
Der Deutsche Feuerwehrverband empfiehlt, dass erfahrene Feuerwehrleute als Paten auftreten. Diese können sich speziell um die Interessenten kümmern. Denn am Anfang brauche nun einmal jeder einen Ansprechpartner. Nötig seien Brückenbauer, die den Menschen den Weg in die Feuerwehren und die für sie fremde Welt ebneten, heißt es in einer Handreichung mit „Praxistipps für den interkulturellen Dialog im Feuerwehralltag“. Zudem sollten sich Feuerwehren Gedanken darüber machen, wo man Migranten erreichen könne. „Es lohnt sich, einmal zu schauen, wo in der Nachbarschaft beispielsweise ausländische Kulturvereine oder Ähnliches sind“, sagt Oestreicher. In der Broschüre rät der Feuerwehrverband den Wehren zudem dazu, sich auf den Festen dieser Vereine zu präsentieren oder diese auch tatkräftig zu unterstützen. Auch der regelmäßig begangene „Tag der offenen Moschee“ könne für Werbung für die Feuerwehren genutzt werden. Doch auch die Feuerwehren selbst müssten sich verändern und Rücksicht auf die kulturelle Herkunft Anderer nehmen: Wo beim Feuerwehrfest nur Schweinefleisch gegrillt werde, würde man muslimische Interessenten möglicherweise verschrecken.
Echte Bereicherung
Doch dort, wo es gelingt, Zuwanderer für die Feuerwehren zu begeistern, können sie zu einer echten Bereicherung werden. „Der eine Kamerad, den wir heute noch aus der Integrationsgruppe haben, ist mit vollem Herzen bei der Sache und nicht nur auf dem Papier Feuerwehrmann“, sagt Lars Kumbartzky aus Brunsbüttel. „Der engagiert sich bei uns ohne Ende und lebt wirklich für die Feuerwehr.“ Weswegen der Gemeindewehrführer aus der Stadt am Nord-Ostsee-Kanal auch jederzeit wieder mit einer Integrationsgruppe für Flüchtlinge beginnen würde. Auch wenn am Ende nur ein einziger Kamerad dabeibleibt.

