Bewerbung von Mobilitätsangeboten
Mobility Challenge: Anreiz den Pkw stehen zu lassen
Im Rahmen des Projekts „Emissionsfreie Innenstadt Düsseldorf“ sollten so Bus, Bahn, E-Bike, Carsharing, Lastenrad und ähnliche Angebote beworben werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer führten ein digitales Mobilitätstagebuch, beantworteten Wochenfragen, nahmen an Bonusaufgaben teil und gaben so regelmäßig Feedback. Und zur Belohnung gab es bei erfolgreicher Teilnahme ein kleines Preisgeld.
Das Feedback war überwiegend positiv:
- 95 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen auch künftig so oft wie möglich aufs Auto verzichten
- Ein Teilnehmer verkaufte sein Auto noch während der Challenge, zwei haben erwogen, es nach der Challenge zu verkaufen
- Durchschnittliche Mobilitätskosten: 166 Euro – deutlich unter dem bereitgestellten Budget
- Der häufigste Autoersatz: ÖPNV (45 Prozent), gefolgt von Carsharing (16 Prozent)
Es wurden aber auch die Grenzen sichtbar: Mobilität mit kleinen Kindern bleibt eine Herausforderung (fehlende Kindersitze, spontane Fahrten). Das ÖPNV-Netz außerhalb der Stadt ist deutlich schlechter getaktet und die Carsharing-Angebote in Düsseldorf größtenteils ans Stadtgebiet gebunden – anders als bei vielen Carsharing-Angeboten auf dem Land. Transportprobleme bei größeren Einkäufen sind mit dem Lastenrad allein nicht gelöst. Das Feedback nutzt die Stadt nun, um ihr Angebot kontinuierlich zu verbessern.
Mobility Challenge kann in jeder Kommune funktionieren
Doch die Mobility Challenge ist kein exklusives Großstadtprojekt, sondern ein klug konstruiertes Testfeld für nachhaltige Mobilität. Auch für kleinere Städte und Gemeinden bietet es zahlreiche Vorteile: Die Challenge ist mit geringem Budget umsetzbar und über eine selbst definierte Zahl an Teilnehmerinnen und Teilnehmern skalierbar. Sie hat hohe Signalwirkung, da sie im Ort schnell zum Gesprächsthema wird. Und sie gibt durch das fortlaufende Feedback konkrete Informationen, was am Mobilitätsangebot auch niederschwellig verbessert werden kann.
Interview zur Mobilitätswende in Düsseldorf
Welche Mobilitätsangebote bietet eine Großstadt wie Düsseldorf? Wie kommuniziert sie diese? Und was können kleine Kommunen davon lernen? Ein Gespräch mit Stadtsprecher Volker Paulat.
Welche Mobilitätsarten werden in der Stadt Düsseldorf angeboten und gibt es noch neue/junge Angebote?
Das Rückgrat der umweltfreundlichen Mobilität der Stadt sind die Busse, Straßen- und Stadtbahnen der Rheinbahn. Mehr als 320 Bahnen und knapp 500 Busse bedienen 136 Linien mit 1.700 Haltestellen auf rund 570 Quadratkilometern. Aktuell entsteht zudem eine neue Stadtbahnstrecke zur Anbindung des Düsseldorfer Flughafens. Darüber hinaus betreibt die Rheinbahn den On-Demand-Service ‚flexy‘ – also Mobilität auf Bestellung ohne festen Fahrplan oder Linienweg. Über die App können Fahrgäste ein Fahrzeug zu einem von rund 800 virtuellen Haltepunkten im flexy-Gebiet bestellen. Auf der Fahrt können auch andere Fahrgäste zusteigen, die Routen werden dann entsprechend optimiert.
Neben dem Düsseldorfer Bus-und-Bahn-Angebot gibt es diverse Sharingangebote: Carsharing (sowohl free-floating als auch stationsbasiert), (E-)Bike-Sharing, E-Scooter-Sharing und E-Roller-Sharing. Darüber hinaus schafft die Stadt Düsseldorf aktuell eine verbesserte Erreichbarkeit und Sichtbarkeit dieser Angebote durch deren Bündelung an Mobilitätsstationen sowie an Sharingstationen. Nähere Informationen zu Mobilitätsstationen und Sharingstationen können über die Webseite der Stadttochter Connected Mobility Düsseldorf (CMD) abgerufen werden: www.cmd.nrw.
Die Stadttochter CMD hat 31 Fahrradstationen - an Mobilitätsstationen und einzeln im Quartier - errichtet, die sehr gut angenommen werden, mit einer durchschnittlichen Auslastung von 90 Prozent. Daneben betreibt die Rheinbahn an sechs weiteren Standorten in Düsseldorf sowie fünf Standorten in Meerbusch vergleichbare Fahrradsammelanlagen, um für den Umstieg auf den ÖPNV einen sicheren Abstellplatz für das eigene Fahrrad anzubieten.
Wie gut werden die Mobilitätsangebote genutzt und gibt es solche, bei denen Sie sich eine höhere Nutzung erhoffen würden?
Die Bewertung der Nutzung einzelner Mobilitätsangebote ist sehr komplex, da insbesondere die Sharing-Angebote in Verbindung mit anderen Angeboten, bspw. dem ÖPNV, einen ganzheitlichen Beitrag zur Vernetzung in Düsseldorf leisten. Die Stadt Düsseldorf möchte im Sinne des Leitbildes ‚Wege für Alle‘ eine möglichst vielfältige Mobilitätslandschaft gestalten und erhofft sich, die Flexibilität der Bürgerinnen und Bürger in ihrer Mobilitätsgestaltung durch eine weitreichende und komfortable Zugänglichkeit zu verschiedenen Angeboten zukünftig noch weiter zu erhöhen. Erste Daten zur Auslastung der Fahrradgaragen sowie Nutzungszahlen der E-Scooter zeigen jedoch schon heute, dass diese Mobilitätsangebote mittlerweile fester Bestandteil der Alltagsmobilität der Düsseldorferinnen und Düsseldorfer sind.
Welche Mittel werden genutzt, um die Mobilitätsangebote zu bewerben, und welche wurden in der Vergangenheit getestet?
Zur Bewerbung der Mobilitätsangebote kommt eine gezielte Kommunikationsstrategie mit lokalem Schwerpunkt zum Einsatz. Ziel ist es, Menschen unmittelbar in ihrem Alltag zu erreichen – im Quartier, an Mobilitätsstationen oder über digitale Kanäle. Dafür wird ein Mix aus analogen und digitalen Projekten genutzt, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und eine breite Sichtbarkeit herzustellen.
Ein zentraler Bestandteil sind Veranstaltungen im öffentlichen Raum. Eröffnungsfeste an neuen Mobilitätsstationen, Dialogformate mit Anwohnenden, Infostände in den Quartieren oder kreative Mitmach-Aktionen ermöglichen persönliche Begegnungen und einen direkten Austausch. Diese Formate vermitteln Informationen zu neuen Angeboten und schaffen zugleich lebendige Orte der Begegnung im Stadtteil. Lokale Akteure wie Nachbarschaftsinitiativen, Vereine oder Gewerbetreibende werden aktiv eingebunden und präsentieren sich vor Ort. Dadurch entsteht eine enge Verbindung zwischen den Angeboten und dem sozialen Leben im Quartier.
Gedruckte Informationsmittel wie Wurfsendungen informieren frühzeitig über neue Mobilitätsangebote, geben Hinweise zu anstehenden Baustellen oder laden gezielt zu Veranstaltungen ein. Auf diese Weise können auch Personen erreicht werden, die digitale Formate nicht oder nur eingeschränkt nutzen. Darüber hinaus werden Bürgerinnen und Bürger bei Großprojekten, Pilotprojekten oder wie bei der inzwischen verstetigten Testphase Luegallee durch einen frühzeitigen Bürgerdialog umfassend informiert. Das erfolgt sowohl bei Infomessen als auch in Online-Formaten und dem direkten Austausch mit Anwohnenden.
Digitale Kommunikationskanäle ergänzen diese Informationsmittel. Zum Einsatz kommen zielgerichtete Online-Marketing-Strategien, unter anderem über Google Ads sowie lokal ausgesteuertes Social-Media-Advertising, etwa auf Instagram.
Für einen möglichst einfachen Zugang zu den verschiedenen Mobilitätsarten betreibt die Rheinbahn die App-basierte Mobilitätsplattform ‚redy‘. Die App kombiniert ÖPNV-Angebote mit Mobilitätsangeboten weiterer Anbieter: Mit nur einer App können sowohl ÖPNV-Tickets gekauft als auch E-Scooter-, Bike-Sharing-, Car-Sharing- usw. -Angebote genutzt werden.
Um die Mobilitätsprojekte und -aktivitäten der Landeshauptstadt Düsseldorf noch sichtbarer und erkennbar in einen geordneten Rahmen einzufügen, wurde die Marke ‚Wege für alle‘ entwickelt. ‚Wege für alle‘ bedeutet: Jede Mobilitätsart soll in der Landeshauptstadt für sich genommen so fortentwickelt werden, dass sie eine gleichberechtigte Rolle in der zukünftigen, klimafreundlichen Mobilität Düsseldorfs einnimmt. Es ist nicht beabsichtigt nur einzelne Mobilitätsarten zu fördern oder einzelne auszuschließen. Wir möchten die Infrastruktur und die Angebote des Umweltverbunds, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, weiter ausbauen und den motorisierten Individualverkehr als leistungsfähigen Verkehrsträger erhalten sowie stadt- und klimagerecht weiterentwickeln. Damit dies für die Öffentlichkeit besser wahrnehmbar wird, laufen diese Projekte unter der Konzeption und dem Claim ‚Wege für alle‘. Weitere Informationen unter: www.duesseldorf.de/verkehrsmanagement/weg-fuer-alle
Welche Wege der Bewerbung von Mobilitätsangeboten haben sich als am erfolgreichsten erwiesen?
Besonders wirkungsvoll ist die Kombination aus lokaler Präsenz, direkter Ansprache und kontinuierlicher Kommunikation. Informationen entfalten vor allem dann Wirkung, wenn sie mit dem konkreten Lebensumfeld der Menschen verbunden sind und gleichzeitig Möglichkeiten zur Beteiligung eröffnen. Veranstaltungen vor Ort – etwa an neuen Mobilitätsstationen – erzielen regelmäßig hohe Aufmerksamkeit und schaffen einen niedrigschwelligen Zugang zu neuen Angeboten. Die Verbindung von Information, Dialog und einem offenen, einladenden Rahmen trägt maßgeblich zur Akzeptanz bei.
Auch digitale Informationen haben sich als effektiv erwiesen, insbesondere dann, wenn sie lokal ausgesteuert werden. Online-Marketing über Suchmaschinen oder soziale Netzwerke kann gezielt eingesetzt werden, um Stadtteilöffentlichkeit herzustellen und Nutzergruppen direkt anzusprechen. Ergänzend wird zudem auch auf projektbezogenen Seiten auf www.duesseldorf.de oder den Webseiten der städtischen Töchter regelmäßig über den jeweiligen Umsetzungsstand informiert.
Eine erfolgreiche Kommunikation entsteht dabei weniger durch einzelne Kanäle als durch das abgestimmte Zusammenspiel verschiedener Aktionen: persönliche Begegnungen, klare Informationen, sichtbare Präsenz im Stadtbild und digitale Reichweite ergänzen sich zu einem konsistenten Gesamtbild.
Im Jahr 2022 hat Düsseldorf eine Mobility Challenge ausgerufen. Wie groß war die Resonanz?
Die Resonanz war sehr groß: es gab mehr als 90 Bewerbungen auf 20 Plätze, die Teilnehmenden waren durchweg engagiert und aktiv während der Challenge. Es gab zudem ein großes, auch überregionales mediales Interesse.
Hat die Challenge das Mobilitätsverhalten der Teilnehmenden verändern können?
Die Teilnehmenden haben festgestellt, dass es für Wege innerhalb des Projektraums (Stadtteile Bilk, Unterbilk, Friedrichstadt) ausreichend Angebote gibt, um auf einen privaten Pkw verzichten zu können. Eine Person hat ihren privates Auto während der Challenge verkauft, zwei weitere Teilnehmende erwogen zum Ende der Challenge, ihren Pkw zu verkaufen. Andere sahen Schwierigkeiten im Transport von Gütern, spontanen Fahrten außerhalb von Düsseldorf sowie Mobilität mit Kindern. Alle Teilnehmenden haben angegeben, zukünftig versuchen zu wollen, mehr Alternativen zum privaten Auto zu nutzen.
Wie verteilen sich die Nutzungszahlen der verschiedenen Mobilitätsarten in der Stadt? Wie hoch ist der Anteil des Individualverkehrs?
Gemäß der Untersuchung "Mobilität in Städten – SrV" mit dem Erhebungszeitraum des Jahres 2023 zeigen die Ergebnisse, dass die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer zu 70 Prozent den sogenannten Umweltverbund für ihre täglichen Wege nutzen. 52 Prozent der Wege werden ohne Motorisierung zu Fuß - 34 Prozent (plus 7 Prozentpunkte gegenüber der letzten Befragung 2018) oder mit dem Fahrrad - 18 Prozent (plus 2 Prozentpunkte seit 2018) zurückgelegt. Öffentliche Verkehrsmittel werden zu einem Anteil von 18 Prozent (minus 3 Prozentpunkte seit 2018) genutzt. Der Pkw wird auf 30 Prozent (minus 6 Prozentpunkte seit 2018) der Wege als Fahrer oder Mitfahrer eingesetzt – wobei nur in etwa jedem dritten Auto eine weitere Person mitfährt.
Betrachtet man ausschließlich die innerhalb der Stadtgrenzen zurückgelegten Wege – die anteilig 85 Prozent aller Wege ausmachen – nutzen die Einwohnerinnen und Einwohner den Umweltverbund sogar zu 76 Prozent. Insbesondere das Zu-Fuß-Gehen mit 38 Prozent und das Fahrradfahren mit 21 Prozent gewinnen innerhalb Düsseldorfs weiter an Bedeutung. Diese Ergebnisse entsprechen dem Ziel der Landeshauptstadt Düsseldorf, das Prinzip der ‚Stadt der kurzen Wege‘ konsequent weiter zu verfolgen und sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035.


