Recht aktuell
Wahlkampf: Strengere Regeln für politische Werbung
Zwischen legitimer Werbung und gezielter Beeinflussung
Wahlwerbung steht zunehmend im Spannungsfeld zwischen berechtigter Überzeugungsarbeit und der Gefahr gezielter Manipulation. Mit den enormen Datenmengen, die im digitalen Raum gesammelt werden, lassen sich detaillierte Nutzerprofile erstellen. Diese können Aufschluss über Interessen, Werte oder politische Einstellungen geben – und ermöglichen es, Werbung gezielt auf bestimmte Personen oder Gruppen zuzuschneiden.
Das daraus resultierende Risiko: Politische Kommunikation wird individuell gefiltert, ihre Wirkung schwer kontrollierbar. Die Grenze zwischen Information und Beeinflussung verschwimmt – mit potenziell gravierenden Folgen für die demokratische Meinungsbildung.
Klare Vorgaben für Transparenz und Targeting
- Die neue Verordnung verpflichtet Anbieter politischer Werbung, künftig offenzulegen, wer eine Anzeige finanziert hat und auf welcher Datengrundlage sie ausgespielt wird.
- Das sogenannte Targeting, also die gezielte Ansprache auf Basis personenbezogener Daten, ist künftig nur noch unter engen Voraussetzungen erlaubt:
- Die Daten müssen direkt von der betroffenen Person erhoben worden sein.
- Es ist eine getrennte und ausdrückliche Einwilligung erforderlich.
- Das Profiling anhand sensibler Daten (wie Religion, Geschlecht oder ethnischer Herkunft) ist ausnahmslos verboten.
- Minderjährige, die das Wahlalter frühestens in einem Jahr erreichen, dürfen nicht gezielt angesprochen werden.
- Zur besseren Nachvollziehbarkeit wird außerdem ein EU-weites Online-Archiv für politische Werbung eingerichtet. Dort sollen Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, welche Inhalte mit welchen Mitteln und von wem verbreitet wurden.
- Um ausländische Einflussnahme zu verhindern, wird zudem festgelegt: Politische Werbung aus Nicht-EU-Staaten ist in den drei Monaten vor einer Wahl oder einem Referendum verboten.
Breiter Anwendungsbereich – auch kommunal relevant
Die Verordnung erfasst nicht nur klassische Plakatkampagnen oder Fernsehspots, sondern alle Formen politischer Werbung – auch digitale Formate, Social-Media-Posts oder gesponserte Inhalte. Sie gilt für alle politischen Ebenen, also vom Europaparlament bis zur Gemeinderatswahl.
Das bedeutet: Auch kommunale Parteien, Wählergruppen und Kandidierende müssen künftig die Transparenzpflichten beachten, wenn sie Werbung schalten – insbesondere Online-Werbung über Plattformen wie Facebook, Instagram oder Google.
Kommunen selbst sind zwar nicht direkt Adressaten der Verordnung, können aber indirekt betroffen sein – etwa wenn sie Onlineflächen vermieten, Werbeflächen bereitstellen oder eigene Kommunikationskanäle nutzen, auf denen politische Botschaften verbreitet werden.
Die meisten Regeln gelten seit Oktober 2025
Die Verordnung ist bereits in Kraft, doch die meisten praktischen Pflichten – insbesondere die Regeln zu Transparenz, Kennzeichnung und Targeting – gelten erst seit dem 10. Oktober 2025. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle politischen Anzeigen, die veröffentlicht, bereitgestellt, verarbeitet oder zugestellt werden, den neuen Anforderungen entsprechen.
Zur Vorbereitung hat die Europäische Kommission bereits Leitlinien zur Umsetzung veröffentlicht. Für Kommunen und lokale Wahlkämpfer bietet es sich an, sich frühzeitig mit den neuen Vorgaben vertraut zu machen – um im nächsten Wahlkampf rechtssicher zu agieren.


