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Bauzäune
In Cottbus wurde eine großangelegte Ehrenamts-Initiative gestartet.
© Cottbus

Nachwuchsarbeit

Ehrenamt: „Cottbus braucht dich“ - Organisationen werden überrannt

von Dorothea Walchshäusl
Reporterin | KOMMUNAL
17. Oktober 2024
Ob die Johanniter, das DRK oder das THW – alle wurden fast überrannt von den Leuten, die mitmachen wollen. Unter dem Motto „Cottbus braucht dich“ wurde in Cottbus eine breite Ehrenamts-Initiative gestartet, um mehr Hilfskräfte zu gewinnen. Der Erfolg übertrifft alle Erwartungen.

Ausgebuchte Lehrgänge, zahlreiche neue Nachwuchskräfte und stetig wachsende Hilfsorganisationen – in Cottbus ist das Realität geworden, wovon engagierte Ehrenamtler andernorts nur träumen. „Ich bekomme immer wieder Gänsehaut, wenn mir die Leiter der Organisationen erzählen, was da gerade passiert“, sagt Thomas Bergner, Dezernent für Ordnung, Sicherheit, Sport, Gesundheit und Bürgerservice in der Stadt. Vor mittlerweile zwei Jahren hat er die Initiative „Cottbus braucht dich“ angestoßen und ihr Erfolg übertrifft alle Erwartungen.

„Cottbus braucht dich“ soll Helfer akquirieren

Der Auslöser für die Initiative waren die Erfahrungen in Cottbus seit Anbeginn des Ukraine-Kriegs. „Seit Kriegsbeginn war Cottbus ein Drehkreuz für viele Geflüchtete und wir haben hierfür Unterstützung von Hilfsorganisationen aus ganz Deutschland erhalten“, erzählt Bergner. Als Leiter des Verwaltungsstabs war er selbst regelmäßig vor Ort und mit den Helfern in Kontakt. „Irgendwann habe ich gemerkt, dass es kippt“, sagt der Dezernent. Angesichts der herausfordernden Arbeit und fehlender Ersatzkräfte seien die Ehrenamtlichen mental und physisch am Ende ihrer Kräfte gewesen und hätten ihm nicht selten weinend und verzweifelt gegenübergestanden. „Das haben wir gemerkt: Wir müssen hier als Stadt etwas machen, damit die Organisationen Unterstützung bekommen“, so Bergner.

Thomas Bergner
Thomas Bergner, Dezernent für Ordnung, Sicherheit, Sport, Gesundheit & Bürgerservice in Cottbus

Stammtisch im Rathaus hilft bei praktischen Problemen

In einem ersten Schritt wurde in Cottbus ein regelmäßiger Stammtisch im Rathaus ins Leben gerufen, bei dem die Mitarbeiter der verschiedenen Organisationen zusammenkommen und ihre Nöte und Sorgen loswerden können. Laut Bergner wurde dieses Angebot dankbar angenommen. Vom Roten Kreuz über die Johanniter, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft und die Notfallseelsorge bis hin zum THW fanden sich die verschiedenen Hilfsorganisationen ein und tauschten sich aus. Dabei kamen schnell ganz praktische Probleme auf den Tisch, mangelnde Räumlichkeiten für die Notfallseelsorge etwa oder fehlende Parkgenehmigungen für ehrenamtliche Helfer. „Wir haben hier als Stadt versucht, möglichst schnell praktisch zu helfen“, sagt Bergner, und die Ehrenamtlichen hätten gemerkt: „Hier wird nicht nur gequatscht, sondern hier wird uns wirklich geholfen“.

Runder Tisch
Am Runden Tisch im Rathaus kommen Hilfskräfte der verschiedenen Organisationen zusammen

Große Nachwuchssorgen bei den Organisationen

Neben den praktischen Themen ging es beim Stammtisch schnell auch um den Mitgliederschwund, der nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkt worden war. Hierbei sei von allen Organisationen die gleiche Rückmeldung gekommen: „Bitte helft uns – wir brauchen dringend Nachwuchs“, so Bergner. Diese Bitte sei auch seitens der Stadt von enormer Bedeutung, schließlich sei Hilfe im Krisenfall nur im engen Schulterschluss von Haupt- und Ehrenamt zu schaffen, wie Bergner sagt.

„Cottbus braucht dich“ omnipräsent

Um den Nachwuchssorgen der Hilfsorganisationen zu begegnen und als Stadt zu helfen, hat Bergner gemeinsam mit seinem Team und den Verantwortlichen der Organisationen Ideen entwickelt, wie das Thema Ehrenamt gut vermarktet werden kann. „Wir brauchen euch und es kann unglaublich erfüllend sein, Menschen zu helfen“ – diese Botschaft sollte auf möglichst vielen Kanälen und möglichst persönlich an die Bürger herangetragen werden.

Veranstaltungen, Videos und Werbebanner

Unter dem Motto „Cottbus braucht dich“ und dem dazu entworfenen Logo wurden mehrere Wege beschritten, um auf die Arbeit der Hilfsorganisationen aufmerksam zu machen und neue Ehrenamtliche dafür zu gewinnen. So haben die Hilfsorganisationen auf Veranstaltungen der Stadt Präsentations-Stände aufgebaut und eine Blaulichtmeile beim Stadtfest organisiert. Außerdem wurden große Werbetafeln und Bauzäune angefertigt, die für die verschiedenen Disziplinen werben und im gesamten Stadtgebiet aufgestellt wurden. Neben den analogen Werbeaktionen hat die Stadt zudem die digitalen Möglichkeiten genutzt. So wurden etliche Videos über die verschiedenen Organisationen produziert, in denen Helfer zu Wort kommen und von ihrem Engagement erzählen. Ein Ansatz mit „großer Breitenwirkung“, wie Bergner erzählt. „Wir verbreiten diese Videos als Stadt via die sozialen Kanäle, zudem werden sie von den Organisationen selbst intensiv genutzt und verlinkt“, so der Dezernent.

Bauzaun
Auch im Cottbusser Schwimmbad wurden die Werbe-Bauzäune aufgestellt

„Cottbus braucht dich“ in aller Munde

Vor rund einem Jahr hat die Stadt die Ehrenamtsinitiative auf den verschiedenen Wegen gestartet. Mittlerweile ist das Motto „Cottbus braucht dich“ breit bekannt, wie Bergner sagt, und die Rückmeldungen der Hilfsorganisationen seien beglückend. „Ob die Johanniter, das DRK oder das THW – alle wurden fast überrannt von den Leuten, die mitmachen wollen. Die Kurse und Lehrgänge sind voll und wir werden schon darum gebeten, nicht mehr zu viel Werbung zu machen, weil die Organisationen kaum hinterherkommen mit der Einführung der zukünftigen Helfer“. Der einzige Bereich, in dem noch ein Mangel an Mitgliedern herrsche, sei die Notfallseelsorge, was vermutlich an dem besonders herausfordernden Einsatz liege.

Wertschätzung und Vertrauen

Mit der regen Nachfrage der Bürger und den zahlreichen Neuzugängen bei den Hilfsorganisationen hat die Initiative „Cottbus braucht dich“ ihre Ziele vorerst erfüllt. Der Gewinn aber reicht laut Bergner noch weit über die reinen Zahlen hinaus. So kommen die Helfer und die Stadtvertreter weiterhin regelmäßig beim Stammtisch zusammen und sei hier viel Vertrauen untereinander entstanden. „Die Ehrenamtlichen fühlen sich wertgeschätzt und spüren, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen und wirklich helfen wollen als Stadt“, sagt der Dezernent. Zudem seien während der Corona-Pandemie viele Hilfsorganisationen „in der Unsichtbarkeit verschwunden“ und hätten die Menschen damals andere Themen gehabt. „Durch die Initiative hat sich das geändert“, sagt Bergner.

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