
Das einzige Landkreistheater Deutschlands
Theater bedienen nur die Interessen einiger weniger? Dass dies keineswegs so sein muss, zeigt die Stadt Eggenfelden im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn. Seit 1963 steht hier mit dem „Theater an der Rott“ das einzige Landkreistheater Deutschlands. Als eigener Regiebetrieb des Landkreises ist das Theater als fixer Posten im Haushaltsplan einkalkuliert und alle Kosten, die durch Eintrittsgelder, Sponsoren und öffentliche Förderungen nicht gedeckt werden, trägt der Landkreis. Bei Aufwendungen des Theaters von insgesamt ca. 1.880.000 Euro im Jahr 2016, bedeutete das für die Kommune Ausgaben von rund 850.000 Euro. Neben der direkten Finanzierung läuft auch die gesamte Abwicklung der Personalangelegenheiten und Abrechnungen über das Landratsamt; zudem ist der Kreisausschuss verantwortlich für die Absegnung des Spielplans. „Das ist eine ganz besondere Struktur bei uns, die sehr gut funktioniert“, so der Landrat Michael Fahmüller.
Auf Seiten der Kommune ist der Landrat zuständig für das Theater, auf der anderen Seite steht seit Herbst 2015 der Intendant Dr. Uwe Lohr, der sowohl die künstlerische als auch die kaufmännische Verantwortung für die Spielstätte trägt. Ein Schlüssel zum Erfolg der kommunalen Einbettung liegt im engen Vertrauensverhältnis der beiden. „Der Austausch ist sehr wichtig“, sind sich beide einig, und so werden beim monatlichen Jour fixe alle wichtigen Entscheidungen zwischen Landratsamt und Theaterleitung abgestimmt. Um zu gewährleisten, dass das Theater sowohl in der Bevölkerung eine breite Unterstützung erfährt als auch für den Landkreis langfristig finanzierbar bleibt, wurden in den vergangenen Jahren wichtige neue Wege beschritten.
Klar ist dabei: Die Tragfähigkeit des Theaters steht und fällt mit einer genauen finanziellen Kalkulation bei Beibehaltung moderater Eintrittspreise. „Man muss extrem gut planen und immer einen finanziellen Puffer einkalkulieren“, sagt Uwe Lohr. Das ist angesichts der schwer absehbaren Besuchszahlen keine leichte Aufgabe, zumal eine Theatersaison über den Jahreswechsel geht, während der Haushaltsplan jeweils für ein Kalenderjahr gilt. Mindestens so wichtig wie die finanzielle Dimension ist die inhaltliche Gestaltung der Theaterarbeit. Seit Ende der 1990er Jahre wurde das Haus von einem reinen Operettentheater bewusst auch zu anderen Sparten hin geöffnet und es bietet sich dem Publikum nun eine breite Auswahl. „Das A und O ist, dass die Mischung stimmt und es eine Nachfrage gibt“, so Fahmüller. Aktuell ist das der Fall und erst vor kurzem waren beim Musical „Evita“ sechs von neun Vorstellungen restlos ausverkauft.
Das Landkreistheater arbeitet mit Feedback
Um die notwendige Volksnähe zu gewährleisten, sind Lohr wie Fahmüller stets offen für die Rückmeldungen aus der Bevölkerung. „Man muss greifbar sein für die Menschen“, so Lohr, und der persönliche Kontakt sei sehr wichtig. Zudem nimmt Lohr bei der Spielplangestaltung starke Rücksicht auf kommunale Themen und legt großes Augenmerk auf die Entwicklung von speziellen Projekten, die maßgeschneidert sind für die Region. „Die kommunale Verankerung ist extrem wichtig“, sagt Intendant Lohr und dementsprechend eng ist die Einbindung von Bürgern vor Ort, zum Beispiel durch die intensive Pflege des Laienschauspiels in verschiedenen Theaterclubs. Außerdem arbeitet das Landkreistheater eng mit Streetworkern und Vereinen vor Ort zusammen. Zunehmend präsentiert das Theater auch Stücke jenseits des Theatersaals: Dann gibt es Aufführungen für Senioren im Altenheim, junges Theater im Klassenzimmer und Volkstheater im Wirtshaus. Innovative Projekte mit gleich mehrfachem Gewinn: Das Landkreistheater präsentiert sich auf hohem Niveau, erreicht ein breites Publikum und spart durch den überschaubaren Aufwand der einzelnen Produktionen schlussendlich sogar noch Kosten.