Ehrenamt an Schulen
Schulfach "Feuerwehr" - Nachwuchsgewinnung mal anders!
Wahlpflichtfach „Feuerwehr“
Wenn die Jugendlichen nicht mehr zur Feuerwehr kommen, muss die Feuerwehr zu den Jugendlichen kommen – das ist die Grundidee des Projekts in Oranienburg, bei dem eine Feuerwehr-Ausbildung inmitten des regulären Unterrichts eingebettet wird. Dabei ist das Fach „Feuerwehr“ eines von mehreren möglichen Wahlpflichtfächern, die an der Oberschule Lehnitz ab der 9. Klasse gewählt werden können. „Es gibt seit langem einen engen Kontakt zwischen den Feuerwehren Germensdorf und Lehnitz und der Schule, so lag es auf der Hand, dass wir ein solches Angebot an der Schule durchführen“, erzählt Cornel Gratz, der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Germendorf und außerdem stellvertretender Branschutzwart in Oranienburg. Er selbst ist 43 Jahre alt und seit 31 Jahren bei der Feuerwehr engagiert, zusammen mit seinen Kollegen gibt er sein Wissen nun regelmäßig auch an der Schule weiter.
Unterstützung durch Kommune
Seitens der Kommune wurde das Projekt laut Gratz von Anfang an klar unterstützt. „Als die Anfrage seitens der Schule kam, haben wir uns in der Stadtwehrführung beraten und das Projekt schnell für gut befunden“, erzählt Gratz, und auch der Bürgermeister habe die Durchführung klar befürwortet. Der Unterricht selbst wird von den Ausbildern der Feuerwehren ehrenamtlich durchgeführt, Ausrüstung, Unterrichts- und Verbrauchsmaterialien wurden von der Stadt Oranienburg finanziert, zudem beteiligt sich der Landkreis Oberhavel an den entstehenden Kosten.
Umsetzung an der Schule
Alle 14 Tage steht seit Schuljahresbeginn geblockt 3 Stunden Feuerwehr auf dem Stundenplan der insgesamt 16 ausgewählten Schüler in der 9. Klasse. Laut Gratz absolvieren die Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 15 Jahren im Laufe von zwei Jahren die komplette theoretische wie praktische Feuerwehr-Grundausbildung. „Am Ende wird eine Prüfung abgelegt, danach sind die Jugendlichen einsatzfähig und können bei der Feuerwehr eintreten“, so der Wehrführer. Obwohl das Wahlpflichtfach inmitten des regulären Unterrichts am Vormittag angesiedelt ist, sind die Schüler selten im Schulgebäude. Stattdessen sitzen sie nur wenige Meter von der Schule entfernt im Gerätehaus Lewitz umgeben von Feuerwehrautos, Uniformen und Gerätschaften. In den Wintermonaten liegt der Fokus auf der Theorie, ab März geht es dann raus und werden praktische Übungen durchgeführt. „Das ist natürlich ein ganz anderes Gefühl als im Klassenzimmer und wir haben dort alles vor Ort, was wir für die Unterrichtseinheiten brauchen“, so Gratz.
Besonderes Schulfach
Grundsätzlich wird das Wahlpflichtfach „Feuerwehr“ eingestuft wie die anderen Wahlpflichtfächer auch, das heißt, es gibt Mitarbeitsnoten, es werden Klassenarbeiten geschrieben und die Noten schließlich im Zeugnis dokumentiert. Für die Schüler aber scheint es laut Gratz dennoch deutlich aus dem sonstigen Schulalltag herauszustechen. Dazu tragen zum einen der ungewohnte Ort bei, zum anderen die praxisnahen Themen. „Die Schüler sind mit großem Interesse und viel Neugierde mit dabei und wir können ihnen viel von unseren realen Einsätzen erzählen. Das ist natürlich lockerer als im Mathe-Unterricht“, sagt Gratz. Gleichzeitig gebe es keinerlei Probleme mit der Disziplin und sei die Grundatmosphäre ausgesprochen gut.
Erfolgreiche Nachwuchsarbeit
Aus Sicht von Gratz ist die Einbettung der Nachwuchsarbeit in den Schulalltag ein vielversprechender Ansatz, um den Nachwuchs für die ehrenamtlichen Feuerwehren zu sichern. Zwar hat die freiwillige Feuerwehr Germendorf selbst keine Nachwuchsprobleme, aber es gibt laut Gratz andere Ortsteile in Oranienburg, in denen großer Bedarf an Nachwuchskräften herrscht und auch die Brandschutzerziehung der Kinder bislang oft brach lag. Ein Grund hierfür sei auch, dass viele Kinder und Jugendliche mittlerweile an Ganztagsschulen unterrichtet werden und erst abends nach Hause kommen. „Nach einem vollen Schultag haben viele dann keine Energie mehr für ein Hobby und Termine am Abend“, so der Wehrführer, und umso wichtiger sei es, bewusst in die Schulen hinein zu gehen.
Nachfrage ist hoch
Noch ist es zu früh, um abschließend zu bewerten, wie sich das Wahlpflichtfach bewährt. Nach den ersten Erfahrungen von Gratz aber ist die Durchführung der Grundausbildung im Rahmen des Schulalltags erfolgsversprechend. „Als wir das Wahlpflichtfach ‚Feuerwehr‘ angeboten haben, gab es eine große Nachfrage und wollten deutlich mehr Schüler daran teilnehmen, als wir Plätze hatten“, so Gratz. Unter den tatsächlichen Teilnehmern haben Gratz und seine Kollegen erst kürzlich eine Umfrage gemacht und herausgefunden: 75 Prozent der Schüler können sich vorstellen, auch nach Ende des Schulfaches tatsächlich bei einer Feuerwehr mitzuarbeiten. Aus Sicht von Gratz ist das ein großer Erfolg. „Die Jugendlichen bekommen im Wahlpflichtfach ohne Hemmschwelle einen konkreten Einblick in den spannenden Alltag der Feuerwehren, lernen die Arbeit unbefangen kennen und sind am Ende der Ausbildung super ausgebildet und bereit für die Praxis“, so Gratz. Darüber hinaus seien die Nachwuchskräfte wirksame Multiplikatoren. „Die Jugendlichen erzählen ihren Freunden und Familien begeistert von der Feuerwehr – das ist für uns die beste Werbung“, so Gratz.
