Praxis-Einblicke
Medizinercamp soll Ärzte in die Region locken
Ärztemangel in Kreis Neuwied in Zukunft ein Thema
Betrachtet man das medizinische Angebot im Kreis Neuwied, so ist die Situation „aktuell noch nicht dramatisch“, wie Kerstin Schwanbeck-Stephan, die Projektleiterin des Medizinercamps feststellt. Mit 595 Einwohnerinnen und Einwohnern je Arzt sei die Einwohner-je-Arzt-Relation sogar noch deutlich günstiger als im Durchschnitt aller Landkreise in Rheinland-Pfalz. Der Ärztemangel ist dennoch bereits ein Thema in Neuwied, da altersbedingt im Haus- und Facharztbereich in den kommenden Jahren etliche Ärzte aufhören werden.

Attraktives Camp für Mediziner von morgen
Um als Landkreis nicht erst dann aktiv zu werden, wenn es bereits brennt, sondern bereits jetzt die Mediziner von morgen anzusprechen, wurde die Idee eines Medizinercamps geboren. Das erklärte Ziel: den Kreis Neuwied als Region zwischen den Ballungsräumen Köln/ Bonn und Frankfurt/ Rhein-Main für angehende Mediziner noch mehr ins Blickfeld rücken. „Mit dem Mediziner-Camp wollten wir Studierenden zeigen, dass der Landkreis Neuwied ein guter Ort zum Arbeiten und auch zum Leben ist und uns als Region präsentieren, in der man in unterschiedlichen medizinischen Disziplinen ein sehr gutes Arbeitsumfeld vorfindet, in dem man sich niederlassen kann“, sagt Schwanbeck-Stephan. So gebe es hier eine gute Infrastruktur ebenso wie Arbeitsplätze für die PartnerInnen der Mediziner, überregionale Verkehrsanbindungen und nicht zuletzt einen hohen Freizeitwert.
Zahlreiche Kooperationspartner im Kreis
Drei Tage dauerte das Camp insgesamt, in dessen Zentrum vielseitige Praxiseinblicke standen. Um den Studierenden ein möglichst breites Angebot machen zu können und ganz unterschiedliche Einsatzorte im Landkreis zu zeigen, wurden im Vorfeld verschiedene Kooperationspartner mit ins Boot geholt. So waren am Camp unter anderem die fünf Krankenhäuser im Kreis beteiligt, zudem verschiedene Hausarztpraxen, das Pädiatrische Netzwerk PÄNZ, das Heilpädagogisch-Therapeutische Zentrum, das Kreis-Gesundheitsamt, die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz und die Wirtschaftsförderung. Die Organisation und Durchführung des Camps wurden schließlich von der Zentralabteilung der Kreisverwaltung übernommen.

Werbung via Social-Media-Kanäle
Möglichst persönlich, individuell zugeschnitten und praxisnah sollte das Camp gestaltet sein. Deshalb wurde die Zahl der Teilnehmenden auf maximal 12 Studierende begrenzt, die im Vorfeld ihre jeweiligen Wünsche und Interessen kundtun konnten. Um viele Studenten ab dem 7. Semester zu erreichen, wurden die medizinischen Fachschaften der Universitäten im Umkreis von rund 300 Kilometern kontaktiert, außerdem wurde das Camp via die verschiedenen Social Media-Kanäle beworben. Die Teilnehmerliste war in Folge schnell voll, wie Schwanbeck-Stephan berichtet und das Interesse seitens der Studierenden rege.
Einblick in den medizinischen Alltag bei den Praxistagen
Ende August 2024 wurde das Medizinercamp im Kreis Neuwied schließlich durchgeführt. Im Zentrum der Veranstaltung standen zwei Praxistage, an denen die Teilnehmer die Möglichkeit hatten, in zwei unterschiedliche medizinische Arbeitswelten hineinzuschnuppern. „Unser Ziel war es, den Studenten möglichst konkret und realistisch zu zeigen, wie der Alltag läuft als Arzt“, sagt die Kreis-Mitarbeiterin. Einsatzorte waren zum Beispiel eine Kinderarztpraxis, eine Fachstation in einem der Krankenhäuser oder das Heilpädagogisch-Therapeutische Zentrum. Wie die „Praxistage“ jeweils konkret aussahen, wurde von den verschiedenen Anbietern entschieden; mal konnte eine Studentin dem Kinderarzt über die Schulter schauen, mal war ein Student einen Tag lang auf der Krankenhaus-Station mit dabei.
Rahmenprogramm zur Präsentation der Region
Ergänzt wurde das medizinische Angebot im Rahmen des Camps durch einige Freizeitaktivitäten und Gemeinschaftsaktionen. „Rund um die Praxistage wollten wir den Studierenden zeigen, was unsere Region alles zu bieten hat“, erzählt Schwanbeck-Stephan. So wurde unter anderem ein Abend in den Weinbergen veranstaltet und gab es eine Führung durch den Kräutergarten der Franziskanerinnen von Waldbreitbach, verbunden mit einer kleinen Wanderung.

Kostenlos und praxisnah
Die Kosten für die Teilnahme am Medizinercamp, die Unterbringung, die Transfers und die Verpflegung wurden komplett vom Landkreis übernommen, nur die Anreise musste von den Studenten selbst bezahlt werden. „Den Kreis hat das Camp einen mittleren vierstelligen Betrag gekostet, außerdem natürlich viel Arbeitszeit im Vorfeld der mehrtägigen Veranstaltung“, sagt Schwanbeck-Stephan. „Wer ein solches Camp plant, muss wissen, dass es mit viel Engagement und Aufwand verbunden ist“, sagt sie. Durch die vielen Vorabsprachen mit den Kooperationspartnern, die Logistik der Transfers und Unterbringung der einzelnen Teilnehmer, die persönliche Kommunikation mit den Teilnehmern und die Planung der Praxisstationen handele es sich definitiv um keine Aufgabe, die man „en passant“ erledigen könne.
Intensive Vorbereitung durch Kreisverwaltung
Auch wenn der Aufwand hoch war: Aus Sicht von Schwanbeck-Stephan war das Medizinercamp ein Erfolg. So sagt sie: „Die Rückmeldungen der Teilnehmenden sind durchweg positiv ausgefallen. Sie haben sich gut umsorgt gefühlt, wurden überall in den Praxisstationen herzlich aufgenommen und dort gut begleitet.“ Besonders ausgezahlt habe sich dabei die persönliche Betreuung der Studierenden schon im Vorfeld des Camps und das Eingehen auf die individuellen Interessen der angehenden Ärzte. Ob die jungen Mediziner tatsächlich einmal im Kreis Neuwied landen werden, ist freilich noch offen. Für viele von ihnen sei das aber vorstellbar geworden.

