Mobilität
Mitfahrbänke – eine lohnende Anschaffung?
Mitfahrbänke in sechs Gemeinden
Ein Besuch im nördlichen Landkreis Passau. Im Herbst 2021 wurden hier in sechs Kommunen Mitfahrbänke aufgestellt. Die Gemeinden waren die ersten in Niederbayern, die ein derartiges Projekt umgesetzt haben. Initiiert wurde das Ganze von der ILE Passauer Oberland e.V., einem Zusammenschluss von elf Kommunen im nördlichen Landkreis Passau. „Als ILE beschäftigen wir uns intensiv mit Themen wie dem demografischen Wandel und der Nachhaltigkeit. Bei beiden Aspekten dockt das Projekt der Mitfahrbänke an“, sagt Gabriele Bergmann, die Geschäftsführerin der ILE. Dabei sei die zentrale Frage gewesen: Wie können wir die Mobilität im ländlichen Raum verbessern und noch weiter unterstützen?
Platz nehmen und abwarten
An über 20 Standorten stehen in den Gemeinden Tiefenbach, Ruderting, Tittling, Neukirchen vorm Wald, Witzmannsberg und Salzweg nun seit knapp zwei Jahren die Mitfahrbänke. Der jeweilige Standort wurde laut Bergmann von den Gemeinden selbst gewählt, wobei strategisch günstige Punkte an zentralen Verbindungsstraßen auserkoren wurden. Neben den Bänken ist jeweils ein Pfahl mit einem Schild angebracht, auf dem verschiedene Zielorte stehen. Mit einem roten verschiebbaren Puck kann man darauf markieren, wohin man gerne mitfahren würde, dann heißt es Platz nehmen und abwarten.

Beworben als Bänke für Alle
„Die Mitfahrbänke sind nicht nur für Senioren gedacht, sondern richten sich an alle“, betont Bergmann. Das können Jugendlichen sein, die gerne ins nächstgelegene Schwimmbad möchten, Touristen, die zum Wanderparkplatz gelangen wollen oder ein Senior, der zum Einkaufsgeschäft im nächsten Ort will. „Man darf natürlich keinen festen Termin haben und unter Zeitdruck stehen, aber wenn man etwas flexibel ist zeitlich, dann ist das eine gute Möglichkeit“, so Bergmann, und werde von den Bürgern auch als solche wahrgenommen.

Unterschiedlich starke Nutzung
Die tatsächliche quantitative Nutzung der Mitfahrbänke im nördlichen Landkreis Passau zu bewerten, ist laut Bergmann schwierig – schlicht deshalb, weil es keine statistischen Erhebungen dazu gibt. Allerdings erreichen die Geschäftsführerin regelmäßig positive Rückmeldungen, sowohl von den Bürgermeistern der Gemeinden als auch von Menschen, die die Bänke als Startpunkt für ihre Fahrt erfolgreich genutzt haben. Dabei gebe es durchaus etliche Bürger, die die Bänke regelmäßig für bestimmte Strecken nutzen, hinzu kommen all jene, die sich spontan auf eine Bank setzen und auf einen Fahrer warten. Allerdings: „Es dauert, bis sich ein solcher Prozess eingespielt hat und braucht einen langen Atem und viel Überzeugungs- und Werbearbeit“, so Bergmann. Entscheidend sei zudem die Standortwahl. So sei die Nutzung der Bänke im Landkreis je nach Standort sehr unterschiedlich und gebe es Standorte, an denen der Puck häufig verändert wurde, während an anderen Standorten scheinbar kaum Mitfahrer warten und diese nun noch einmal neu überdacht werden sollen.
Was es braucht, damit es funktioniert
Klar ist für die Geschäftsführerin des kommunalen Zusammenschlusses: „Es ist nicht damit getan, dass eine Bank aufgestellt wird – das muss im Vorfeld gut durchdacht und dann entsprechend kommuniziert und begleitet werden“. Damit eine Mitfahrbank schließlich auch genutzt wird, müssen nach ihrer Erfahrung verschiedene Dinge erfüllt sein:
- Kluge Standortwahl: nur eine Bank an einem klug gewählten Ort wird auch genutzt. Das bedeutet konkret: Die Straße sollte stark frequentiert sein, Autofahrer unkompliziert anhalten können und die Bank selbst schon von weitem gut ersichtlich.
- PR-Arbeit: Begleitet werden sollte das Aufstellen der Bänke durch eine Werbekampagne, die die Nutzung der Mitfahrbänke erklärt und ihren Mehrwert aufzeigt
- Konstante Mitarbeit der Kommunen: Wie stark die Mitfahrbänke genutzt werden, sollte beobachtet werden, um gegebenenfalls einen anderen Standort auszuwählen oder die Bänke noch einmal neu zu bewerben.
Wenig Aufwand, klarer Mehrwert
Aus Erfahrung von Bergmann ist die Mitfahrbank am richtigen Standort und begleitet von einer Kampagne eine überschaubare kommunale Investition, die sich lohnt. „Es ist mit kaum Risiko verbunden, ein relativ geringer finanzieller Aufwand für die Kommunen, aber ein deefinitiver Mehrwert für das Angebot in der Region und für die Menschen“, so die Geschäftsführerin. Dabei könne eine Bank natürlich kein Ersatz sein für die Mobilität am Land. Aber es sei ein niedrigschwelliger Ansatz, damit Menschen ohne eigenes Auto flexibler und mobiler unterwegs sein können. Das Projekt in Bayern wurde über das ILE-Regionalbudget mit rund 10.000 Euro gefördert.
Für Kommunen in ländlichen Gebieten sind Mitfahrbänke vor allem auch wegen des verhältnismäßig geringen finanziellen Einsatzes interessant. Wie sie dabei vorgehen, zeigt auch ein Leitfaden mit vielen Tipps auf.
Hier geht es zum Leitfaden der Technischen Universität Dresden. Der Leitfaden entstand im Rahmen eines Forschungsseminars sowie einer Masterarbeit.

