Medizinische Versorgung
Praxis on Tour – Wie mobile Arztpraxen bei akuten Engpässen helfen
Umgebauter Rettungswagen als mobile Arztpraxis
Bei den mobilen Arztpraxen handelt es sich um Rettungswagen, die zur mobilen Praxis umgebaut wurden. Durch die hintere Tür können die Patienten die mobile Praxis betreten, danach ist auf der Seite ein Empfangstresen zum Einlesen der Versicherungskarte, außerdem ist ein Umkleideraum vorhanden. Im Rest des Wagens befindet sich das Untersuchungszimmer mit einer Liege und den notwendigen Gerätschaften. „Abgesehen von einem Belastungs-EKG und einem Lungenfunktionstest sind in der mobilen Arztpraxis eigentlich fast alle Untersuchungen möglich, die auch bei einem normalen Hausarzt gemacht werden können“, sagt Peter Bunders. Der Facharzt für Allgemeinmedizin ist seit Juli mit einem der Mobile unterwegs, aktuell steht der Wagen in der Gemeinde Herdorf im Westerwald im Hof der Stadtverwaltung.

Umfangreiche Diagnostik möglich
Ausgestattet mit Klimaanlage, WLAN und einer eigenen Telematik-Infrastruktur, kann Bunders in der mobilen Praxis via sein Tablet sogar Ultraschall-Untersuchungen und EKGs durchführen. Impfungen sind aufgrund der schwierigen Lagerung nur auf Rezept möglich, Blutabnahmen werden täglich zu einem Labor gefahren und dort ausgewertet. Als medizinisches Team nehmen je Fahrzeug ein Arzt und eine Arzthelferin die Patienten in Empfang, wobei sie den 3,5-Tonner auch selbst zum jeweiligen Standort fahren.
Mobile Arztpraxen als „Feuerlöscher“ unterwegs
Die Vorteile der rollenden Praxen liegen auf der Hand: So sind diese nicht an einen festen Standort gebunden und können entsprechend flexibel am Bedarf vor Ort ausgerichtet werden. Dabei sind sie explizit nicht als Dauerlösung gedacht, sondern geht es darum, kurzfristig entstehende Versorgungsengpässe aufzufangen. „Wir haben die Funktion eines Feuerlöschers“, sagt Bunders. So sei etwa in Herdorf unerwartet ein Arzt verstorben und musste die Arztpraxis akut schließen. Durch die mobile Alternative ist nun gewährleistet, dass für alle Patienten, die akut eine Behandlung benötigen, die wohnortnahe medizinische Versorgung sichergestellt ist. Was die Aufenthaltsdauer der mobilen Praxis anbelangt, hängt diese vom Ausmaß der Versorgungsengpässe im Bundesland ab und beträgt mindestens einen Tag, sollte aber insgesamt drei Monate nicht überschreiten. „Es wird regelmäßig geschaut, wo Bedarf besteht und dort helfen wir dann und überbrücken“, sagt Bunders.
Patienten sind zufrieden
Die Patienten, die die mobile Arztpraxis aufsuchen, wissen das Angebot sehr zu schätzen, wie Bunders berichtet. „Sie sind sehr dankbar, dass sie weiterhin in ihrer Kommune vor Ort einen Arzt drüberschauen lassen können, ihr Rezept bekommen oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten“, so Bunders. Dabei sei das Prozedere genauso wie auch bei einer regulären Arztpraxis: Die Patienten vereinbaren einen Termin oder kommen in die Akut-Sprechstunde, vor Ort wird die Versichertenkarte eingelesen, dann erfolgt die Behandlung. Dieses Angebot richtet sich an Erwachsene ebenso wie an Kinder und Jugendliche, unabhängig von der Krankenkasse.
Zurück zu den Wurzeln
Aus ärztlicher Perspektive heraus findet Bunders die Tätigkeit in der mobilen Praxis „ausgesprochen spannend und reizvoll“. Natürlich seien die Rahmenbedingungen deutlich beengter als in großen Praxisräumen, sei kein Rückzug ins Büro möglich und die Raumluft im Sommer trotz Klimaanlage manchmal etwas stickig. Die Behandlung selbst aber erlebt Bunders als sehr vielseitig und er schätzt die direkte Nähe zu den Menschen. In gewisser Weise fühle es sich so an, als käme man als Arzt „zurück zu den Wurzeln“. Zwar würden sich durch die Einsatzmöglichkeiten der neuen Technologien große Vorteile ergeben, gleichzeitig aber sei man als Arzt doch eingeschränkter als im MVZ und dadurch noch mehr angewiesen auf die ganz unmittelbare Diagnostik.
Wichtige Rolle der Kommunen
Ins Leben gerufen und organisiert von der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP), wird das Projekt der mobilen Arztpraxen vom Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz (MWG) mit jeweils 50 Prozent der Investitionskosten der beiden Fahrzeuge unterstützt. Um im jeweiligen Ort schließlich für einige Zeit stehenzubleiben, braucht es schließlich die Zustimmung der jeweiligen Verbandsgemeinde oder Stadt, wobei die KV RLP mit der Kommune eine entsprechende Kooperationsvereinbarung abschließt.
Aus Erfahrung von Bunders ist die Unterstützung durch die Kommune eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die mobile Praxis für die Bürger da sein kann. So sagt er: „Die Wertschätzung durch die jeweilige Kommune ist sehr wichtig und zeigt sich in ganz konkreten Dingen.“ Entsprechend ist es Aufgabe der Kommune, Strom und sanitäre Anlagen zur Verfügung zu stellen, zudem ist ein möglichst zentraler Stellplatz von Vorteil, so wie es in Herdorf der Fall ist. Von dort wird die mobile Praxis aber bald schon wieder weiterziehen. Ein neuer Arzt hat sich niedergelassen in der geschlossenen Praxis und Bunders Hilfe wird nicht mehr benötigt.


