Rettungsdienst
Landkreis setzt auf mobile Retter
Mobile Retter überbrücken erste Minuten
Erleidet eine Person einen Herz-Kreislauf-Stillstand, zählt jede Sekunde, doch gerade in ländlicheren Regionen kann es laut Pöllman auch mal eine Viertelstunde dauern, bis der Rettungswagen kommt. „Das ist im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstands viel zu lange und wir müssen alles dafür tun, die Zeitspanne möglichst klein zu halten und noch weiter zu verkürzen“, so der Abteilungsleiter. Dabei gehe es um absolute Basisarbeit und darum, die ersten Minuten so zu überbrücken, dass der Rettungsdienst, wenn er eintrifft, die bestmöglichen Chancen habe, das Menschenleben zu retten. „In einem solchen Fall braucht man keinen voll ausgestatteten Rettungswagen, um die Zeit zu überbrücken, sondern das wichtigste Hilfsmittel ist in erster Linie ein gut ausgebildeter Mensch mit seinen Händen“, sagt Pöllmann.

Idee der mobilen Retter
Hier setzen die Mobilen Retter an, die im Zweifelsfall ohne jede Ausrüstung, stattdessen nur mit medizinischer Grundausbildung so schnell wie möglich an den Notfallort kommen. Die Grundidee: Geschieht ein Notfall und erleidet ein Mensch einen Herz-Kreislauf-Stillstand, wird im besten Falle sofort der Rettungsdienst angerufen. Bis dieser eintrifft aber vergehen wertvolle Minuten, in denen ein medizinisch geschulter Helfer nahe des Notfallorts erste Hilfe leisten könnte – vorausgesetzt, er weiß von dem Notfall. Um dies zu gewährleisten, melden sich geschulte Ehrenamtliche als mobile Helfer, werden in einen Pool aufgenommen und in Folge via App verständigt, wenn ein Notfall in ihrer Nähe passiert.
Kooperation mit Hilfsorganisationen
Um die Mobilen Retter in der Region Harburg zu installieren, hat der Landkreis eng mit dem deutschlandweit engagierten Verein „Mobile Retter“ und dem Unternehmen zusammengearbeitet, das das System entwickelt hat und betreibt. Zudem gibt es vor Ort einen engen Schulterschluss mit den Hilfsorganisationen DRK und Johanniter, aber auch den Notärzten, den Freiwilligen Feuerwehren, der Kreisrettungsdienstgesellschaft, der DLRG und dem THW sowie den beiden kreiseigenen Krankenhäusern Buchholz und Winsen. „Die Mobilen Retter ergänzen unsere bewährten Strukturen aus Rettungsdienst, Feuerwehren und Hilfsorganisationen und tragen dazu bei, dass Betroffenen im Notfall noch schneller und effektiver geholfen werden kann. Ich danke allen Ehrenamtlichen, die sich bereits als Mobile Retter registriert haben, und hoffe, dass wir das Netz aus medizinisch qualifizierten Ersthelfern schnell weiter ausbauen und kreisweit etablieren können“, sagt dazu Landrat Rainer Rempe.
Medizinische Basisqualifikation sinnvoll
Um eine möglichst große Gruppe medizinisch qualifizierter Ersthelferinnen und Ersthelfer als mobile Retter zur gewinnen, hat der Landkreis an die Bürger appelliert, sich bei Interesse an dieser lebensrettenden Tätigkeit zu melden. Denn es gilt hier laut Abteilungsleiter Pöllmann klar: „Je mehr Leute wir haben, desto besser“. Dabei wurde im Kreis Harburg vorausgesetzt, dass die Ehrenamtlichen über eine gewisse Basisqualifikation im medizinischen Bereichen verfügen, wie es zum Beispiel bei Angehörigen von Rettungsdiensten oder Feuerwehren oder auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Krankenhäusern oder Arztpraxen der Fall ist. Unabhängig von ihren jeweiligen Vorkenntnissen, erhalten die zukünftigen Mobilen Retter vor Aufnahme in den Pool eine Ersthelferausbildung und Reanimationstrainings, die mindestens einmal jährlich aufgefrischt werden müssen.
Schnelle Mobilisierung via App
Geht über die 112 ein Notfall in der Leitstelle ein, alarmiert der dortige Disponent laut Pöllmann in Zukunft nicht nur den Rettungsdienst, sondern prüft parallel, ob eine Indikation für den Einsatz mobiler Retter besteht. In Folge werden die ersten drei mobilen Retter, die sich in unmittelbarer Nähe des Notfallorts befinden, über die GPS-Funktion ihrer Mobiltelefone geortet und durch die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle über eine Schnittstelle zum „Mobile Retter“-System automatisiert alarmiert. Der Retter selbst erhält via die App eine Meldung, dass ein Notfall in seiner direkten Umgebung ist. Diese Meldung kann er akzeptieren oder ablehnen, lehnt er ab, wird der nächste Mobile Retter benachrichtig, nimmt er an, erhält er die genauen Daten zum Notfallort.
Begleitung der mobilen Helfer entscheidend
So wichtig der Einsatz der mobilen Retter ist, so wichtig ist auch deren Begleitung, betont Pöllmann. „Ich schicke Leute ehrenamtlich in ihrer Freizeit an einen Notfallort und in eine Situation, die hoch kritisch ist. Hier möchten wir die Leute auf keinen Fall alleine lassen“, so der Leiter und entsprechend müsse eine gute Nachsorge unbedingt sichergestellt sein.
Großer Pool von mobilen Rettern im Kreis Harburg
Seit Anfang Juli 2023 sind die ersten mobilen Retter im Kreis Harburg aktiv, wobei der Pool der Helfer kontinuierlich wächst, wie Pöllmann berichtet. „Aktuell haben wir 220 mobile Retter und es werden ständig mehr. Das Interesse ist sehr groß und die Schulungen von DRK und Johannitern sind zum Teil stark ausgebucht“, so der Leiter. 4 Minuten und 29 Sekunden brauchen die Mobilen Retter laut einer Statistik des Vereins durchschnittlich, bis sie mit der Reanimation starten. Für die Menschen im Landkreis Harburg könnte das in Zukunft lebensentscheidend sein.



