Nachtfahrten
NachtExpress wirkt – Modelle für Kommunen
Nachfrage nach NachtExpress bei den Bürgern
„Das Ziel ist es, dass die jungen Menschen aus unserem Landkreis preisgünstig und sicher zur Party kommen und wieder heim“, sagt Sebastian Schallinger, Sachgebietsleiter Mobilität am Landratsamt in Traunstein. Bis vor ein paar Jahren gab es zu diesem Zweck von den Linienbussen im Landkreis einen NachtExpress mit fixen Zeiten, Routen und Haltestellen. Während der Corona-Pandemie wurde das Angebot allerdings eingestellt und etliche Jahre nicht mehr aufgenommen. Zum Leidwesen der Bürger, wie Schallinger erzählt. „Es gab immer wieder Nachfragen an uns, wann der Nachtexpress wieder fährt. Er war im Landkreis sehr etabliert gewesen und wurde vermisst“.
Kleinbusse statt Linienbusse
Entsprechend hat man sich im Landratsamt darum bemüht, das Angebot wiederzubeleben. Erst einmal ohne Erfolg. „Wir haben gemerkt, dass bei den Linienbusunternehmen hierfür keine Kapazitäten mehr da sind“, sagt Schallinger. Auf der Suche nach einer Alternative entstand die Idee, ein on-demand-Modell mit Kleinbussen im gesamten Landkreis auszuprobieren. Der Vorteil: werden Kleinbusse eingesetzt, benötigen die Fahrer keinen Busführerschein mehr und die Wahrscheinlichkeit, genügend Personal zu finden, wächst.
Pilotprojekt läuft
„Wir wollen mit dem NachtExpress jede Gemeinde im Landkreis anbinden“, sagt Schallinger. In Kooperation mit einem Busunternehmen hat der Plan funktioniert. Der Landkreis ist der Auftraggeber und übernimmt die Kosten in Höhe von circa 500.000 Euro pro Jahr. Seit März läuft das Pilotprojekt vorerst für ein Jahr mit dem Ziel, mittelfristig in ein Regelsystem überführt zu werden. Aktuell funktioniert der NachtExpress im Landkreis Traunstein folgendermaßen: Jeweils von 22 bis 3 Uhr morgens stehen Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag auf den altbewährten fünf Linien von früher fünf Kleinbusse zur Verfügung. Diese können on demand via eine App gebucht werden, wobei der Nutzer die gewünschte Strecke und Uhrzeit wählt. „Die Fahrzeuge verkehren nicht nach Fahrplan, sondern nach Bedarf“, erklärt Schallinger – ein Ansatz, der sich bis jetzt sehr bewähre.

Ausschließlich via App
Die Nutzung des Nachtexpresses läuft ausschließlich via die sogenannte NachtExpress-App, die die Fahrgäste installieren können. Bis zu sieben Tage im Voraus, aber auch ganz kurzfristig können sie hier ihre Fahrt planen und diese in Folge ausschließlich digital buchen; eine kostenfreie Stornierung ist bis 15 Minuten vor Abfahrt möglich. „Wir haben uns schnell dazu entschieden, dass die Buchung aus Kostengründen rein digital laufen soll“, sagt Schallinger. Bislang funktioniere das reibungslos und gäbe es keinerlei Kritik seitens der Fahrgäste und Busfahrer.
Kostengünstig und barrierefrei
Für die Fahrten im NachtExpress gilt im Landkreis Traunstein ein spezieller Nachtexpress-Tarif. Die Fahrt kostet pauschal 4,00 € für eine einfache Strecke, mit einem gültigen Deutschlandticket nur 2,00 €. Wer hin- und zurück fährt, erhält ein Ermäßigungsangebot: Nur 7,00 € für Hin- und Rückfahrt bzw. 3,50 € mit Deutschlandticket. Dabei ist auch die Barrierefreiheit gewährleistet: Für Rollstuhlfahrer gibt es einen barrierefreien Shuttle; Menschen mit Schwerbehindertenausweis können den Bus kostenlos nutzen.
Flexibles System bewährt sich
Seit mehreren Monaten ist der Traunsteiner Nachtexpress mittlerweile an den Wochenenden unterwegs und bislang bewährt sich das flexible Modell sehr, wie Schallinger sagt. „Wir haben dadurch die Chance, das Nutzerverhalten zu analysieren und die Nachfrage auszuwerten. In einem weiteren Schritt könnten wir das System gegebenenfalls auch nochmal anpassen, sollte sich zeigen, dass es noch Änderungsbedarf gibt“, so der Sachgebietsleiter. Die Nachfrage seitens der Bürger nach dem Nachtexpress sei bereits gut, wobei noch viel Spielraum nach oben sei. Was die Werbung anbelangt, hat man im Landkreis Traunstein festgestellt: „Eine konventionelle Marketing-Strategie bringt gerade bei der jungen Zielgruppe gar nichts. Es ist sehr wichtig, hier über die sozialen Medien zu gehen und dort permanent präsent zu sein, damit die Botschaft auch bei den Bürgern ankommt“, so Schallinger.
So kommen die Menschen in anderen Kommunen durch die Nacht
Neben Traunstein wurden mittlerweile in vielen Kommunen spezielle Nachtverkehrsdienste eingerichtet, um besonders junge Menschen am Wochenende sicher und kostengünstig nach Hause zu bringen. Ein paar Beispiele:
- Umfangreiches NachtExpress-Netz im Kreis Paderborn: Ganze zehn Linien starten im Landkreis Paderbern des nachts von der zentralen Haltestelle Westerntor aus. Die Busse verkehren in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag und bedienen verschiedene Gemeinden im Kreisgebiet sowie angrenzende Orte wie Bad Driburg und Schlangen.
- Preiswerte Nachfahrten im Landkreis Passau: Im Landkreis Passau bedienen sieben Linien die Hauptverkehrskorridore des Landkreises in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag. Die Abfahrtszeit ist fest gesetzt auf 0:25 Uhr bzw. 0:30 Uhr am Hauptbahnhof Passau bzw. ZOB Passau. Mit gültiger Zeitkarte oder Deutschlandticket ist die sogar Nutzung kostenlos.
- Nachtbusnetz in Münster: In Münster wird von den Stadtwerken ein Nachtbusnetz betrieben, das in den Nächten vor Samstagen, Sonn- und Feiertagen sowie vor Werktagen verkehrt. Hierbei fahren die Busse mit dem Zusatzbuchstaben "N" von 21:00 Uhr bis 2:00 Uhr (vor Werktagen) bzw. bis 8:00 Uhr (vor Wochenenden und Feiertagen). Es gelten alle Fahrscheine der Verkehrsgemeinschaft Münsterland sowie des Westfalentarifs.
- Nightliner in Nürnberg und Umgebung: Über 600 Haltestellen werden in der Stadt und Region Nürnburg während der Nacht von insgesamt 29 Linien im Stundentakt angefahren. Die sogenannten "Nightliner" ersetzen das reguläre U-Bahn-, Straßenbahn- und Stadtbusnetz und sind in Nürnberg, Fürth, Erlangen und den angrenzenden Städten und Gemeinden unterwegs.


