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Whistleblower in Behörden: grafische Darstellung
Kommunen und Behörden sind seit letztem Jahr verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten.
© Adobe Stock

Meldestellen

Hinweisgeberschutz: Das müssen Kommunen beachten

von Monique Opetz
Freie Journalistin
12. Februar 2024
Seit vorigem Jahr verpflichtet das Hinweisgeberschutzgesetz Kommunen und Behörden, interne Meldestellen für Whistleblower einzurichten. Darüber können beispielsweise Ungereimtheiten bei Vergabeverfahren oder Genehmigungen gemeldet werden – geschützt und vertraulich. Wie die neuen Regelungen umgesetzt werden müssen, und was droht, wenn es keine Meldestelle gibt, weiß der Leiter des Instituts für Digitalisierung & Datenschutz (ID2) Dr. Daniel Sandvoß.

KOMMUNAL: Herr Dr. Sandvoß, seit wann sind Kommunen und Behörden verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten?

Daniel Sandvoß: Seit das Bundesgesetz im Juli 2023 in Kraft getreten ist. Das gilt direkt und unmittelbar auch für die Kommunen. Die Bußgeldvorschriften greifen jedoch erst seit dem 1. Dezember 2023. Es fehlen teilweise noch die landesspezifischen Gesetze, die das Bundesgesetz präzisieren. Deshalb werden sich in vielen Fällen Umsetzung und Sanktionen des Hinweisgeberschutzgesetzes über diesen Termin hinaus verzögern.

In den Bußgeldvorschriften ist von 50 000 Euro zu lesen. Was bedeutet das für diejenigen, die noch keine Meldestelle eingerichtet haben?

Wer den Termin Anfang Dezember nicht einhalten konnte, muss nicht in Panik verfallen. Ich vermute – basierend auf den Erfahrungen mit der DSGVO-Umsetzung –, dass es eine Art Schonfrist bei den Bußgeldern geben wird. Solange das jeweilige Landesgesetz für die kommunalen Behörden noch nicht verabschiedet ist, besteht gerade bei kleineren Behörden erhebliche Rechtsunsicherheit.

Was heißt das konkret?

Niedersachsen hat beispielsweise festgelegt, dass eine Meldestelle erst bei Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und mehr als 50 Beschäftigten betrieben werden muss.

Welche Anforderungen muss eine Hinweisgebermeldestelle erfüllen?

Entscheidend ist, dass die meldende Person in der Vertraulichkeit geschützt ist. Das heißt, ihre Identität ist nur Beschäftigten der Meldestelle bekannt. Das ist im Bundesgesetz geregelt. Dafür müssen Meldekanäle eingerichtet werden.

Daniel Sandvoß
Dr. Daniel Sandvoß, Leiter des Instituts für Digitalisierung & Datenschutz 

Welche Meldekanäle sind erlaubt?

Zugelassen sind mündliche und schriftliche Meldungen. Das kann per Telefon sein, könnte aber auch eine Kurznachricht sein. Allerdings kommt hier der Datenschutz ins Spiel und damit das Risiko bei der Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten. Wer sich für einen analogen Meldekanal entscheidet, muss dafür sorgen, dass ein Meldebriefkasten und das Aktensystem gegen unberechtigte Zugriffe geschützt sind. Bieten kommunale Verwaltungen oder Behörden einen digitalen Meldekanal an, empfehle ich geschützte Portale, bei denen die Meldungen verschlüsselt sind. Das heißt: Kryptographie ist hier wichtig.

Was ist bei der Bearbeitung eines Hinweises zu beachten?

Es gibt Dokumentationspflichten: Die Person, die in einer Meldestelle die Hinweise entgegennimmt, muss die Meldungen dauerhaft, abrufbar und geschützt dokumentieren. Das funktioniert sehr gut über ein geeignetes elektronisches, verschlüsseltes Meldeportal.

Wie gelingt es Behörden rechtskonform zu bleiben?

Das ist gar nicht so einfach. Das Hinweisgeberschutzgesetz sagt: Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass Whistleblowern nichts passiert. Doch wie gewährleistet man, dass es beispielsweise nicht zu versteckten Repressalien kommt? Plötzlich wird man nicht mehr befördert oder es kommt zu einem Eintrag in die Personalakte oder gar zu einer Kündigung. Dieser Schutz ist nach meinem Dafürhalten in der Praxis nur mit peniblem Vertraulichkeitsschutz auch gegenüber den Vorgesetzten umzusetzen. Hier wird gesetzlich etwas gefordert, was in der Realität – gerade auch in kleineren Kommunen – nur schwer einzuhalten sein wird.

Was gilt für Hinweisstellen-Beauftragte?

Die leitenden Personen in der Verwaltungsbehörde müssen dafür sorgen, dass die Hinweisstellen-Beauftragten unabhängig arbeiten. Das heißt, sie haben einen ähnlichen Status wie Datenschutzbeauftragte: Ihnen dürfen keine Weisungen erteilt werden.

Welche Fallstricke gibt es bei Hinweisgebermeldestellen?

Zu den Risiken zähle ich die Schadensersatzpflicht – wenn beispielsweise gegen das Repressalien-Verbot verstoßen wird. Sollte einem Hinweisgeber etwas zustoßen, greift die Schadensersatzpflicht. Wenn es um immaterielle Schäden geht, ist der Schadenersatz ein Schmerzensgeld. Und das kann ziemlich schnell gehen, etwa wenn eine Kündigung auf eine Meldung folgt und der Verdienstausfall geltend gemacht wird.

Wie sieht es mit Falschmeldungen aus?

Es besteht die latente Gefahr, dass die Meldewege missbraucht werden. Beispielsweise, wenn gezielt unverhältnismäßig viele Meldungen von speziellen Gruppen eingereicht werden – die kleine Kommunen schnell überlasten und zu unnötiger Arbeit führen können. Um das zu verhindern, sollte die Meldestelle explizit darauf hinweisen, dass Falschmeldungen gesetzlich verboten sind und Sanktionen nach sich ziehen können. Dafür müssen Kommunen sensibilisiert werden: Whistleblowing sollte in jedem Fall ernst genommen werden, gleichzeitig sollte Missbrauchsmöglichkeiten vorgebeugt werden

Tipps: So richten Sie eine Hinweisgebermeldestelle ein

  • Gemeinden innerhalb eines Landkreises und die Verwaltung des Landkreises selbst können sich eine Meldestelle teilen.
  • Die interne Meldestelle kann an externe Dienstleister ausgelagert werden.
  • Es besteht keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie anonyme Meldungen ermöglichen.

Dr. Daniel Sandvoß leitet das Institut für Digitalisierung & Datenschutz (ID2), er unterrichtet als Dozent an der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen HSVN und ist Datenschutzbeauftragter.

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